NEUE WEGE DER ZUSAMMENARBEIT
Zur Erfindung sozialer Räume
Wir verstehen soziale Einrichtungen wie Kindergarten und Schule als Ereignis, das immer wieder neu hergestellt werden muß. Kindergarten oder Schule gibt es nicht. Kindergarten oder Schule müssen täglich neu erfunden werden. Dazu können Künstler einen Beitrag leisten.
Die Freie Landesakademie Kunst ist daran interessiert das dazu nötige poetische, kreative Leben in sozialen Einrichtungen zu befördern und einen Beitrag zu leisten zur Erfindung sozialer Räume.
Dabei arbeiten in der Regel eine Künstlerin und ein Künstler gemeinsam in einem Kooperationsprojekt. Das jeweilige Co-Künstler-Team/Künstler-Tandem wird seinerseits von Kollegen supervidiert und unterstützt.
Es gilt deutlich zu machen, künstlerisches Handeln ist eine Form der Teilhabe an kreativen Praktiken des Perspektivenwechsels, der Aneignung und Umnutzung. Es ist kein Sprechen über, sondern produktives Handeln in und mit der jeweiligen Situation. Es demonstriert ein besonderes Verständnis der künstlerischen Haltung und das von Bildungseinrichtungen: Künstlerisches Handeln setzt die Formbarkeit von Institutionen nicht voraus, sondern stellt sie unter Beweis.
In den Projekten der Freien Landesakademie Kunst geht es nicht darum, Kindern oder Jugendlichen und ihren Prozessbegleitern eine weitere künstlerische Technik beizubringen, noch geht es darum gemeinsam ein Theaterstück zu erarbeiten oder eine konzertante Aufführung vorzubereiten und durchzuführen. Alles das ist aus unserer Erfahrung sehr wichtig und sicher auch dringend geboten – und manchmal tun wir auch das. Dennoch ist dies nicht, was wir derzeit als unsere zentrale Aufgabe ansehen. Wenn wir bei allem, was wir auf dem Feld der Begegnung von (wie es immer wieder heißt) Schule und Kultur beobachten, fragen, ob es das ist, was wir in fünf oder zehn Jahren vielleicht werden tun müssen, dann sind es bestimmt keine weiteren Kurse und Workshops in Aquarell- oder Töpfertechniken; aber auch keine Kreativkurse zum Umgang mit Computern.
Kunstprojekte, wie sie sich unwillkürlich der Vorstellung in unseren Köpfen einstellen, wenn von "Kunst und Schule", "Kindergarten und Kunst" die Rede ist, sind unsere Sache nicht. Viele Teams in Kindergarten und Schule sind auch so schon überfordert mit Angeboten und Projekten, auch sogenannten Kunstprojekten aller Art. Was gemeinhin unter den Begriffspaaren Kunst und Schule, Kunst und Kindergarten subsumiert wird, tun wir allenfalls nur auch; primär aber gerade nicht. Wir arbeiten in sozialen Einrichtungen nicht, um mit Kindern und Erwachsenen zu malen oder zu zeichnen, nicht um ihnen "neue" künstlerische Techniken zu vermitteln oder um ihre Kreativität und Persönlichkeit durch angeleitetes bildnerisches Gestalten zu fördern. Das alles tun wir nur auch. Vielmehr geht es uns darum, den "Lebensraum Schule" (der schließt übrigens die Beteiligung von Hausmeister und Reinigungspersonal ein) gemeinsam zu gestalten - mit professionellem künstlerischen (und pädagogischem) Anspruch.
Künstlerische Tätigkeit jenseits des Ateliers – ob in Wirtschaftsunternehmen oder in sozialen Einrichtungen – impliziert für uns immer auch die Frage, was sie für unser Künstlersein bedeutet – zu befürchten wäre, dass es eine Indienstnahme ist, die die historisch errungene künstlerische Autonomie untergräbt. Im thematischen Kontext sozialer Einrichtungen impliziert die künstlerische Tätigkeit vor Ort aber auch die Frage, was heißt Schule, was Kindergarten? Was heißt es Lehrer oder Erzieherin zu sein? Fragen mithin, die in überkommenen Formaten der "Begegnung von Schule und Kultur" weder gestellt noch einer Beantwortung nähergebracht werden.
Wir sehen unsere Herausforderung darin, Teams in Kindergarten und Schule bei deren Aufgaben zu unterstürzen, indem wir uns bemühen, einen Beitrag zur präzisen Selbstbeschreibung zu leisten. Entsprechend geht es in unseren Fort- und Weiterbildungsangeboten darum, künstlerische Sichtweisen und Belange in Bildung, Berufsleben und Alltag zu fördern.
Wir sehen unsere Aufgabe darin Gelegenheiten zu schaffen, um Erfahrungen mit wechselnden Perspektiven zu machen. Das macht die Arbeit anspruchsvoll für alle Beteiligten und setzt ein hohes Maß an Vertrauen voraus.
Wir begleiten – konzeptuell und praktisch – Entwicklungsprozesse in Wirtschaftsunternehmen und sozialen Einrichtungen. Wir unterstützen beispielsweise einzelne Lehrende oder Schulteams bei erwünschten Veränderungs- und Optimierungsvorhaben, entwickeln neue Handlungskonzepte und Gestaltungsräume und forcieren berufsspezifische Wahrnehmungskompetenzen.
Unsere Projekte dauern im Einzelfall wenige Monate oder bis zu zwei Jahren. Wir zählen zu unseren Qualitätsmerkmalen, dass wir uns für alle Herausforderungen die notwendige Zeit nehmen - und sie anderen lassen. Zeitlich befristet sind unsere Projekte dennoch auf Nachhaltigkeit angelegte Kooperationen. Und die Frage dabei ist, wie wir bei diesen Entwicklungs- und Wachstumprozesse Katalysatoren, "verschwindende Vermittler" (Žižek) sein können.